
Die neue Dimension des Risikos
Seit Jahrzehnten gelten US-Staatsanleihen als sicherster Hafen der Finanzwelt. Die Vereinigten Staaten sind Emittent der Weltleitwährung und besitzen ein einzigartiges Kreditprivileg. Doch dieses Fundament gerät ins Wanken. Mit einer Schuldenlast von 36,5 Billionen US-Dollar, einem Haushaltsdefizit von 1,8 Billionen, steigendem Zinsdruck und einer zunehmend erratischen Fiskalpolitik wächst die Sorge: Was passiert, wenn die USA zahlungsunfähig werden?
In diesem Artikel beleuchten wir die Risiken einer US-Staatspleite – und analysieren, was ein solches Szenario für Gold, den klassischen Krisenschutz, bedeuten würde.
Trump, Steuern, Schulden: Wie die Krise sich zuspitzt
Die Rückkehr von Donald Trump an die Macht bringt Unruhe an die Märkte. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte der Ex-Präsident durch Handelskriege, Zollpolitik und Angriffe auf multilaterale Institutionen das Vertrauen vieler Staaten und Investoren in die USA beschädigt. Nun will Trump unter dem Slogan „America First“ noch entschlossener vorgehen: mit einer großflächigen Steuerreform zugunsten von Unternehmen und Wohlhabenden, deren Umsetzung laut unabhängigen Analysen Steuerausfälle von über drei Billionen US-Dollar verursachen könnte.
Gleichzeitig schrecken Gesetzespläne wie Section 899 der Reconciliation Bill ausländische Investoren ab. Sie sehen vor, dass Kapitalerträge aus bestimmten Ländern mit bis zu 20 Prozentpunkten höheren Steuern belegt werden. Dies kann internationale Steuerabkommen untergraben und Kapitalströme aus den USA abziehen – gerade in einer Phase, in der die US-Finanzierungsfähigkeit ohnehin unter Beobachtung steht.

Die nackten Zahlen: Zinslast und Staatsquote
Die US-Staatsverschuldung lag im Juni 2025 bei 36,5 Billionen US-Dollar – etwa 123 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Davon entfallen 29 Billionen auf öffentliche Gläubiger und 7,4 Billionen auf interne Verpflichtungen gegenüber staatlichen Sozialfonds.
Die Zinslast beträgt inzwischen 1,168 Billionen US-Dollar pro Jahr – das entspricht monatlich rund 97 Milliarden US-Dollar. Mit jedem Prozentpunkt, um den die Renditen steigen, erhöht sich der Schuldendienst um etwa 365 Milliarden US-Dollar jährlich.
Zum Vergleich: Der gesamte Bundeshaushalt für 2025 wird mit rund 6,7 Billionen US-Dollar veranschlagt. Die Zinszahlungen machen somit mehr als 17 Prozent der Gesamtausgaben aus – ein strukturelles Risiko mit zunehmender Sprengkraft.

Vertrauen in den Dollar schwindet
Die Anzeichen für eine Vertrauenskrise häufen sich. In den letzten Monaten wurden US-Staatsanleihen in großem Stil abgestoßen, insbesondere durch ausländische Zentralbanken. Gleichzeitig verlor der Dollar-Index (DXY) seit Jahresbeginn rund 9 Prozent an Wert. Die Renditen 10-jähriger US-Bonds stiegen auf 4,4 Prozent – ein Zeichen, dass Investoren höhere Risikoprämien verlangen.
Noch beunruhigender: Moody’s stufte im Mai 2025 die Kreditwürdigkeit der USA von AAA auf AA1 herab – und folgte damit Fitch und S&P, die bereits früher ein Downgrade vollzogen hatten. Die Kombination aus sinkendem Vertrauen, steigender Schuldenlast und politischer Lähmung treibt die Vereinigten Staaten an einen gefährlichen Punkt.
Was bedeutet eine US-Staatspleite für die Welt?
Eine formelle Staatspleite der USA – also die Zahlungsunfähigkeit bei fälligen Anleihen – wäre ein globales Schockereignis. Die Folgen wären gravierend:
- Finanzmärkte weltweit würden in Panik verfallen
- Die US-Zinsen würden explosionsartig steigen
- Der Dollar als Weltleitwährung könnte stark an Vertrauen verlieren
- Kapitalmärkte, insbesondere Anleihefonds, Banken und Versicherer, müssten enorme Abschreibungen vornehmen
- Private Vermögen weltweit wären betroffen
- Politische Instabilität in den USA selbst wäre wahrscheinlich
Finanzminister Scott Bessent erklärte zuletzt in einem Interview mit Financial Times, „die USA werden niemals zahlungsunfähig.“ Doch angesichts steigender Finanzierungskosten, politischer Verwerfungen und nachlassender Nachfrage kann sich ein technischer Zahlungsausfall – etwa durch einen „Shutdown“ oder eine blockierte Schuldenobergrenze – schneller realisieren, als viele glauben.
Können die USA überhaupt pleitegehen?

Szenarien einer möglichen US-Staatspleite
- (1) Politisch ausgelöster Zahlungsausfall (Debt Ceiling Crisis)
Auslöser: Kongress und Regierung können sich nicht rechtzeitig auf eine Anhebung der Schuldenobergrenze einigen.
Folge: Das US-Finanzministerium kann fällige Zins- und Tilgungszahlungen nicht mehr leisten.
- (2) Politisch ausgelöster Zahlungsausfall (Mar-o-lago-Szenario)
Auslöser: Die Trump-Administration könnte die im sogenannten Mar-o-lago Accord skizzierte Strategie umsetzen, und damit faktisch eine Umschuldung von US-Verbindlichkeiten einleiten. Kurz: Zwangsumtausch von kurz- und mittelfristigen Anleihen in sehr langfristige, sehr niedrig verzinste Papiere (siehe Extrakasten unten).
Folge: Weitreichender Zahlungsausfall mit globalen Konsequenzen - (3) Vertrauenskrise durch fiskalische Überschuldung
Auslöser: Langfristig verliert der Markt Vertrauen in die Fähigkeit der USA, ihre Schulden zu bedienen (z. B. wegen wachsender Defizite, Inflation, Verlust des USD als Weltleitwährung).
Folge: Investoren fordern massive Risikoprämien oder steigen aus US-Staatsanleihen aus. - (4) Technischer Zahlungsausfall durch Systemversagen
Auslöser: Ein Cyberangriff, ein technischer Fehler oder eine unvorhergesehene Marktstörung blockiert die Zahlungsabwicklung.
Folge: Kurzzeitiger Zahlungsausfall mit möglicherweise globalen Konsequenzen
Mar-a-Lago Accord
Gold: Krisenindikator und Inflationsschutz
In solchen Szenarien rückt ein Anlagewert wieder in den Mittelpunkt: Gold. Das Edelmetall ist seit Jahrtausenden Wertaufbewahrungsmittel, Inflationsschutz und Fluchtwährung in einem. Es ist keinem Zahlungsausfall ausgesetzt, nicht von einer Zentralbank steuerbar – und weltweit akzeptiert.
Doch wie würde der Goldpreis konkret auf eine US-Staatspleite reagieren?
Drei mögliche Phasen der Goldpreis-Reaktion
1. Sofortreaktion: Breaking News – Goldpreisexplosion
Sollte es zu einer überraschenden oder formellen Bekanntgabe eines US-Zahlungsausfalls kommen, wäre eine spontane Rally des Goldpreises wahrscheinlich. Der Schock über einen solchen Vertrauensbruch in das Fundament der Weltwirtschaft würde eine Flucht in Sachwerte auslösen. Gold-Futures, ETFs und physische Nachfrage könnten binnen Minuten explodieren. Der Marktmechanismus würde wie ein Ventil reagieren:
→ Ein Kursprung von mehreren hundert US-Dollar pro Unze wäre denkbar.
2. Liquiditätsphase: Verkauf trotz Krise
In der Folge könnte jedoch eine kurzfristige Gegenbewegung einsetzen. Wie in früheren Schocksituationen – etwa während der Weltfinanzkrise von 2008 und im Corona-Crash vom März 2020 – verkaufen Investoren auch Gold, um Margin Calls zu bedienen oder Cash zu sichern.
→ Der Goldpreis könnte also trotz des Krisencharakters vorübergehend zurückfallen, wenn Liquidität wichtiger als Absicherung wird.
3. Neuordnung: Gold als globale Benchmark
Sobald sich die Märkte stabilisieren und die Dimension der Staatspleite voll realisiert ist, beginnt die dritte Phase: Gold als neuer Anker des Vertrauens. In einem Umfeld dauerhaft geschwächter Fiat-Währungen, negativer Realzinsen und geopolitischer Umbrüche wird Gold wieder als überstaatlicher Wertmaßstab fungieren.
→ Langfristig wäre ein deutlich höheres Goldpreisniveau wahrscheinlich.
Rückkehr von Gold als Währungsanker
Die Rückkehr der Goldbindung?
In der Diskussion über globale Währungsalternativen spielt Gold zunehmend eine prominente Rolle – sei es durch die BRICS-Staaten, durch rohstoffgedeckte Währungen oder neue digitale Zahlungsstrukturen. Zwar ist eine Rückkehr zum Goldstandard im klassischen Sinn unwahrscheinlich. Aber Gold könnte als Sicherheit für internationale Abwicklungen wieder Gewicht gewinnen.
Zentralbanken weltweit haben in den letzten Jahren ihre Goldreserven deutlich ausgebaut, allen voran China, Russland und Indien. Auch dies zeigt: Institutionen sichern sich gegen die Erosion des Papiergeldsystems ab – nicht zuletzt gegen ein mögliches Szenario der Erschütterung des Vertrauens in den US-Dollar.
Goldgedeckte Staatsanleihen?
Es gibt weitere Überlegungen, Gold wieder als Währungsanker zu nutzen. Die ehemalige Trump-Beraterin Judy Shelton schlug vor, goldgedeckte US-Staatsanleihen mit 50 Jahren Laufzeit einzuführen. Diese sollen bei Fälligkeit in Gold eingelöst werden können und fiskalische Disziplin fördern. Sie kritisiert die Federal Reserve als zu mächtig und politisch, besonders wegen der hohen Zinsen auf Bankreserven. Shelton warnt vor wachsender Spannung zwischen Notenbank und Weißem Haus und fordert mehr Kontrolle durch den Kongress. Der hohe Goldpreis sei ein Zeichen globaler Unsicherheit – und Gold für sie ein Symbol monetärer Integrität.
Neubewertung der US-Goldreserven
Diskutiert wurde zuletzt auch eine Neubewertung der US-Goldreserven. Die USA halten 8.133 Tonnen Gold, bilanziert mit nur 42,22 Dollar je Unze. Bei aktuellem Marktpreis von rund 3.350 US-Dollar pro Unze wären es über 876 Milliarden Dollar – rund 865 Milliarden mehr als aktuell verbucht. Eine Neubewertung könnte dem US-Schatzamt erlauben, neues Geld zu schaffen, ohne Schulden aufzunehmen. Präsident Trump äußerte Pläne, damit womöglich einen Staatsfonds aufzubauen. Die Maßnahme würde den Goldpreis stützen, aber den Dollar schwächen und inflationäre Risiken bergen. Die Fed könnte gegensteuern. Beobachter sehen Parallelen zur Goldpreis-Anpassung von 1972.
Fazit: Gold als Prüfstein für Vertrauen
Die drohende Staatspleite der USA ist (noch) kein ausgemachtes Szenario – aber sie ist nicht mehr undenkbar. Zu groß sind die strukturellen Defizite, zu unberechenbar die politische Führung, zu fragil das Vertrauen internationaler Investoren. Die Finanzmärkte könnten an einem Kipppunkt stehen.
Für den Goldmarkt bedeutet dies eine Phase der hohen Volatilität – aber auch historischer Chancen. Wer sich mittel- und langfristig gegen Systemrisiken absichern will, findet im Gold das vielleicht letzte verbliebene globale Wertmaß. Sollte es zur Staatspleite kommen, wird der Markt diese Wahrheit schlagartig erkennen – und neu bewerten.
Mit Gold durch unsichere Zeiten
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