
Aber der Handelskrieg bleibt ein Risiko
Die Nachricht kam wie ein Befreiungsschlag: US-Präsident Donald Trump hat klargestellt, dass auf Goldbarren keine Zölle erhoben werden. Nach Tagen der Unsicherheit und teils heftiger Marktreaktionen können Schweizer Raffinerien, internationale Händler und Anleger erst einmal aufatmen.
Der Hintergrund: Ein sogenannter Ruling Letter der US-Zollbehörde CBP hatte Ende Juli 2025 für Aufregung gesorgt. Darin wurden 1-Kilo- und 100-Unzen-Goldbarren unter einer Zolltarifnummer eingestuft, die Importabgaben vorsieht. Für den weltgrößten Gold-Terminmarkt COMEX und seine wichtigsten Lieferanten, allen voran die Schweiz, hätte dies gravierende Folgen gehabt.
Besonders betroffen wären jene Formate gewesen, die für den internationalen Handel entscheidend sind:
- 100-Unzen-Barren als Standardformat für physische Lieferungen an der COMEX.
- 1-Kilo-Barren als bevorzugtes Format für asiatische Märkte, inzwischen auch an der COMEX zugelassen und dort weit verbreitet.

Für die Akteure am Edelmetallmarkt war diese Nachricht ein Schock. Der Goldpreis stieg zeitweise auf neue Rekordniveaus. Anleger und Händler kalkulierten mit einer möglichen Angebotsverknappung in den USA, was zu höheren Aufgeldern für physische Lieferungen und sinkenden „Registered“-Beständen an der COMEX hätte führen können
Trotz der Unsicherheit: Gold bleibt Stabilitätsanker
Mit Trumps öffentlicher Klarstellung am 11. August 2025 („Auf Gold werden keine Zölle erhoben!“) ist diese konkrete Gefahr vom Tisch. Für die Schweiz bleibt der Zugang zum US-Markt damit vorerst gesichert. Das ist kurzfristig positiv für den Preis, für das Vertrauen und für die Stabilität der Lieferketten.
Doch die Episode zeigt erneut, wie sehr der anhaltende Handelskonflikt zwischen den USA und wichtigen Handelspartnern die Märkte belastet. Entscheidend ist nicht nur, welche Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, sondern auch, welche Gerüchte und Entwürfe im Raum stehen. Schon die Ankündigung oder auch nur Interpretation eines Verwaltungsaktes kann zu starken Kursbewegungen führen.
Für Unternehmen, die im internationalen Edelmetallhandel tätig sind, bedeutet diese Unsicherheit eine enorme Belastung. Seit Monaten herrscht Unklarheit über mögliche Zölle, geänderte Zolltarife oder Importbeschränkungen. Betroffen sind nicht nur Barrenproduzenten, sondern auch:
- Hersteller von Sammlermünzen, die weltweit exportieren.
- Prägeanstalten von Bullionmünzen, deren Hauptabsatzmärkte im Ausland liegen.
- Händler, die sowohl Investmentbarren als auch numismatische Produkte vertreiben.
Diese Marktteilnehmer müssen oft in langen Vorläufen produzieren, Lagerbestände planen und Transportkapazitäten sichern. Jeder politische Eingriff in die Lieferketten – oder auch nur die Ankündigung eines solchen – bringt diese Abläufe durcheinander.
Zudem entstehen zusätzliche Kosten:
- Absicherungen gegen Währungsschwankungen.
- Anpassungen der Lieferwege.
- Lagerkosten, wenn Ware aufgrund politischer Unsicherheiten zurückgehalten wird.
Für Anleger ist die Lehre klar: Politische Risiken gehören inzwischen zu den wichtigsten Preistreibern an den Edelmetallmärkten. Das gilt nicht nur für Gold, sondern auch für Silber, Platin und Palladium. Wer physisch investiert, sollte sich bewusst sein, dass Preisbewegungen nicht allein durch Angebot und Nachfrage, sondern zunehmend auch durch handelspolitische Entscheidungen beeinflusst werden.
Kurzfristig ist die Entwarnung aus Washington zweifellos ein positives Signal. Sie verhindert eine Marktverzerrung zwischen den USA und anderen Handelsplätzen, stabilisiert das Vertrauen und sichert den Fortbestand etablierter Handelsrouten. Langfristig jedoch bleibt das Grundproblem bestehen: Solange der Handelskrieg weitergeht, bleibt jede Branche mit internationalen Lieferketten anfällig für politische Schocks.
Für den Goldmarkt bedeutet das: Die jüngste Episode ist weniger ein abgeschlossenes Kapitel als ein Warnsignal. Wer in Produktion, Handel oder Anlage auf Edelmetalle setzt, sollte sich nicht von kurzfristigen Entwarnungen in Sicherheit wiegen lassen. Die Erfahrung der letzten Wochen hat gezeigt, wie schnell ein einziger Verwaltungsakt die Märkte verunsichern und ganze Lieferketten infrage stellen kann. Gold bleibt in diesem Umfeld ein Stabilitätsanker – nicht trotz, sondern gerade wegen seiner Unabhängigkeit von politischer Willkür.