
Der Ausbruch zum Monatsbeginn
Der September startete mit einem Paukenschlag am Goldmarkt. Nach einer fünfmonatigen Konsolidierungsphase durchbrach der Goldpreis die entscheidenden Widerstände und markierte unmittelbar neue Allzeithochs. In dieser Woche wurden am europäischen Spotmarkt bereits Kurse von 3.550 US-Dollar beziehungsweise 3.045 Euro erreicht. So teuer war Gold nie zuvor.
Der Anstieg erfolgte nicht zufällig. Mit dem Überwinden der Marke von 3.400 US-Dollar wurden technische Kaufsignale bei Gold ausgelöst, die den Kursanstieg beschleunigten. In beiden Leitwährungen – US-Dollar und Euro – handelt es sich um einen mustergültigen Ausbruch aus einer langen Seitwärtsphase.
Fundamentale Treiber im Fokus
Hinter der jüngsten Goldpreisrally stehen zugleich eine ganze Reihe fundamentaler Faktoren. Eine US-Zinssenkung am 17. September galt zuletzt als sicher. Hintergrund sind schwächere Konjunktursignale und eine Inflationsentwicklung, die sich zwar hartnäckig zeigt, aber in den Augen vieler Investoren Spielraum für Lockerungen bietet. Niedrigere Zinsen mindern die Opportunitätskosten des zinslosen Goldes und befeuern die Nachfrage.
Trump-Zölle und politische Unsicherheit
Hinzu kamen neue Unsicherheitsfaktoren. Ein US-Berufungsgericht erklärte die von Präsident Trump verhängten globalen Zölle für unrechtmäßig, ließ sie aber vorerst bestehen. Damit bleibt die aggressive Handelspolitik der USA ein Risiko für die Märkte. Die Möglichkeit neuer Konflikte mit wichtigen Handelspartnern erhöht die Attraktivität von Gold als Absicherung gegen politische Verwerfungen.
Schuldenkrise in neuer Dimension
Beunruhigend sind zudem die Entwicklungen in Europa. In Frankreich kletterte die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen im Zuge der Regierungskrise auf 3,57 Prozent – den höchsten Stand seit 2011. Auch in den Niederlanden sorgt eine geplante Rentenreform für Unruhe, da Umschichtungen in Billionenhöhe drohen, die Anleihemärkte ins Wanken bringen könnten. Damit rücken Erinnerungen an die Eurokrise zurück, als steigende Risikoaufschläge und spekulative Kräfte ganze Staatsfinanzen ins Wanken brachten.
Diese Beispiele verweisen auf die grundsätzliche Problematik: Die Staatsschulden steigen seit Jahren ungebremst, Haushalte werden dauerhaft über Defizite finanziert. In der Konsequenz kommt es zu einer schleichenden Geldentwertung. Dass Gold in einem solchen Umfeld historische Höchststände erreicht, ist Ausdruck dieser strukturellen Entwicklung.
Steigende Anleiherenditen als Signal
Normalerweise wirken steigende Renditen von Staatsanleihen bremsend auf den Goldpreis, weil sie alternative Erträge versprechen. Doch wenn Zinsaufschläge Ausdruck wachsender Risiken sind, gilt das Gegenteil: Gold profitiert als Krisenmetall. Investoren wenden sich vom Anleihemarkt ab und schichten in Edelmetall um.
Genau diese Situation spiegelt sich aktuell wider. Steigende Zinsen bei wachsender Verschuldung führen zu einer gefährlichen Dynamik, die Investoren in sichere Häfen treibt.

Saisonaler September-Ausblick
Statistisch gesehen zeigt der Goldpreis im September nicht seine beste Jahresperformance. Seit 1970 liegt die durchschnittliche Kursanstieg in diesem Monat bei 0,7 Prozent, knapp die Hälfte der Jahre endete mit Verlusten. Allerdings gab es immer wieder spektakuläre Ausreißer: 1979 stieg Gold um fast 20 Prozent, im Lehman-Jahr 2008 um mehr als zehn Prozent. Erst 2024 wurde eine zehnjährige Verlustserie im September durchbrochen – mit einem Plus im Vorjahr von 3,8 Prozent.
Vor diesem Hintergrund gilt der Monat als volatil und unberechenbar. Angesichts der aktuellen Konstellation – technischer Ausbruch, fundamentale Unsicherheiten, politische Spannungen – erscheint jedoch eine Fortsetzung der Rally wahrscheinlich.
Ausblick: Auftakt zur Herbstrally?
Seit Jahresbeginn hat sich Gold in US-Dollar bereits um rund 35 Prozent verteuert, in Euro um mehr als 20 Prozent. Der jüngste Ausbruch könnte den Auftakt zu einer Herbstrally markieren. Vieles hängt nun von den kommenden US-Konjunkturdaten ab – insbesondere Arbeitsmarkt- und Inflationszahlen werden den Kurs für die Fed-Sitzung im September bestimmen.
Gleichzeitig bleibt die politische Großwetterlage entscheidend. Der weitere Verlauf im US-Zollstreit, geopolitische Spannungen zwischen den USA und der Anti-West-Allianz aus China, Russland und Indien sowie der anhaltende Druck der US-Regierung auf die Federal Reserve prägen die Stimmung. Die Entlassung von Notenbank-Gouverneurin Lisa Cook durch Präsident Trump unterstreicht die wachsende Unsicherheit über die Unabhängigkeit der Fed.
Alles in allem zeigt sich: Gold hat den Schritt auf ein neues Preisniveau vollzogen. Ob daraus eine nachhaltige Herbstrally erwächst, wird der September zeigen – die Voraussetzungen dafür sind gegeben.