Gold gilt seit Jahrhunderten als „sicherer Hafen“ in unsicheren Zeiten. Doch wer heute investieren will, steht vor einer Grundsatzfrage: Soll es physisches Gold sein – Münzen und Barren im Tresor – oder eine verbriefte Form, oft als „Papiergold“ bezeichnet? Beide Anlageformen haben ihre Berechtigung, doch sie dienen unterschiedlichen Zielen und folgen unterschiedlichen Logiken.
Was ist Papiergold eigentlich?
Unter „Papiergold“ versteht man verbrieften Anspruch auf Gold oder dessen Wertentwicklung. Gemeint sind im Rahmen dieses Beitrags vor allem börsengehandelte Produkte wie ETFs (Exchange Traded Funds) und ETCs (Exchange Traded Commodities).
Während ETFs rechtlich meist Sondervermögen darstellen, sind ETCs oft Schuldverschreibungen, die jedoch in vielen Fällen mit physischem Gold hinterlegt sind.
Der Clou: Anleger partizipieren an der Goldpreisentwicklung, ohne jemals eine Münze oder einen Barren in den Händen zu halten. Für viele Investoren steht dabei die schnelle Handelbarkeit im Vordergrund – also die reine Preisbewegung.
Physisches Gold – Handfest, unabhängig, greifbar
Wer physisches Gold erwirbt, entscheidet sich bewusst für den direkten Besitz. Ob Krügerrand, Maple Leaf oder 100-Gramm-Barren: Das Edelmetall gehört dem Käufer und kann zu Hause, in Bankschließfächern oder privaten Tresoren gelagert werden. Physisches Gold ist frei von Gegenparteirisiken – keine Bank, kein Emittent und keine Börse muss Bestand oder Zugriff garantieren. In einer Finanzkrise, bei Ausfällen im Bankensystem oder bei Strom- und Internetstörungen bleibt physisches Gold verfügbar.
Allerdings gibt es auch Nachteile: Physisches Gold verursacht Lagerkosten (Tresor, Versicherung) und unterliegt beim schnellen Kauf und Verkauf höheren Spreads. Typische Aufgelder für gängige Anlagemünzen liegen aktuell bei unter 4 Prozent, die Differenz zwischen An- und Verkauf kann im Bereich von 5 Prozent liegen.
Papiergold im Detail: ETFs und ETCs
Für Privatanleger sind ETFs und ETCs die gängigsten Formen von Papiergold. ETFs, die direkt in physisches Gold investieren, gibt es vor allem in den USA. Hierzulande sind es vor allem ETCs wie Xetra-Gold oder Euwax Gold, die Ansprüche auf physische Auslieferung verbrieft haben.
- ETFs gelten als Sondervermögen und sind im Insolvenzfall der Fondsgesellschaft geschützt.
- ETCs sind rechtlich Schuldverschreibungen (Totalverlust bei Insolvenz des Emittenten möglich), oft mit physischem Gold hinterlegt, teilweise mit Auslieferungsanspruch.
Viele dieser Produkte ermöglichen theoretisch eine physische Auslieferung. In der Praxis ist das aber oft an Mindestmengen gebunden und mit Zusatzkosten verbunden. Wer also hofft, sich bequem ein paar Unzen aus dem Depot liefern zu lassen, wird häufig enttäuscht.
Hinweis: Es gibt weitere Gold-Derivate (Papiergold), wie Index-Zertifikate, Optionen oder Futures. Mit diesen Finanzinstrumenten kann man auch auf fallende Kurse setzen. Aber hier bestehen noch höhere Verlustrisiken. Bei seinem Broker muss man in der Regel Terminmarkfähigkeit nachweisen. Deshalb ist dieses Papiergold nicht Teil dieser Analyse.
Kostenvergleich: Münze vs. Zertifikat
Während physisches Gold ein Aufgeld von ein paar Prozent aufweist, liegen die Kosten bei den hier relevanten Papiergold-Produkten in laufenden Verwaltungsgebühren, meist zwischen 0,2 und 0,4 Prozent pro Jahr. Hinzu kommen Börsen- und Depotgebühren. Der Handel ist dafür günstig und hochliquide: Der Spread beträgt oft nur wenige Basispunkte, die Transaktion lässt sich per Mausklick oder Handy ausführen.
Damit wird klar: Wer kurzfristig oder taktisch handeln möchte, fährt mit Papiergold kostengünstiger. Wer langfristig denkt, muss die laufenden Gebühren gegen die einmaligen Kaufspreads von physischem Gold abwägen.
Sparpläne und laufende Anlage
Interessant ist, dass beide Anlageformen mittlerweile als Sparpläne verfügbar sind. Banken und Broker bieten regelmäßige Käufe von ETCs ab kleinen Beträgen an. Parallel dazu haben Edelmetallhändler Sparpläne für Münzen und Barren etabliert, bei denen sukzessive physische Bestände aufgebaut werden. Der Unterschied bleibt derselbe: Bei Papiergold spart man Ansprüche, bei physischem Gold stapeln sich reale Goldbarren.
Sicherheitsfrage: Wem vertraue ich?
Hier zeigt sich der fundamentale Unterschied:
- Papiergold setzt Vertrauen in Institutionen voraus – Emittenten, Verwahrstellen, Börseninfrastruktur. Fällt das System aus oder bricht das Vertrauen zusammen, besteht das Risiko, keinen Zugriff zu haben.
- Physisches Gold ist unabhängig vom Finanzsystem, dafür aber diebstahlgefährdet. Das Risiko liegt beim Anleger selbst.
Beide Anlageformen haben also völlig unterschiedliche Risikoprofile.
Steuerliche Behandlung von Gold: Ein entscheidender Punkt
Ein starkes Argument betrifft die steuerliche Behandlung in Deutschland und Österreich.
- Physisches Gold: Gewinne aus Verkäufen nach einer Haltefrist von einem Jahr sind steuerfrei (§ 31 EStG in AT; § 23 EStG in DE; ). Verkauft man innerhalb eines Jahres, ist der Gewinn steuerpflichtig, sofern die Freigrenze überschritten wird.
- Papiergold: Grundsätzlich fällt in Österreich auf Gewinne von ETCs bzw. ETFs eine Kapitalertragssteuer (KESt) in Höhe von 27,5 Prozent an, in Deutschland gilt hier eine Abgeltungsteuer von 25 Prozent plus Zuschläge.
Dabei gelten für gewisse ETC-Produkte jedoch Ausnahmen:
In Deutschland: Bei physisch gedeckten ETCs mit Auslieferungsanspruch (z. B. Xetra-Gold, Euwax Gold II, bestimmte WisdomTree-Produkte) hat der deutsche Bundesfinanzhof entschieden, dass die Gewinne nach einem Jahr ebenfalls steuerfrei sind – also wie bei physischem Gold. Das gilt aber nur, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Synthetische Produkte ohne physische Deckung bleiben abgeltungsteuerpflichtig.
In Österreich fällt die KESt nur dann nicht an, wenn man den Auslieferungsanspruch tatsächlich wahrnimmt und dann das nunmehr physische Gold steuerfrei verkauft. Problematisch sind dann aber mitunter hohe Kosten, die für die Auslieferung nach Österreich zu zahlen sind (Bsp. die Auslieferung von einem 1KG Barren Xetra-Gold liegt laut Prospekt für Österreich bei 3.076 EUR zzgl. MwSt. In Deutschland fallen dagegen nur 374 EUR zzgl. MwSt. an).
Damit ist klar: Der Steuervorteil spricht eindeutig für physisches Gold – und für einige wenige ETCs mit physischer Deckung.
Krisenschutz oder Spekulation?
Eine weitere entscheidende Frage lautet: Was will man als Gold-Investor?
- Geht es um Spekulation oder Diversifikation des Portfolios, reicht oft Papiergold. Es bietet einfache Teilhabe am Goldpreis, ist flexibel handelbar und eignet sich für taktische Positionierungen.
- Geht es um Krisenschutz und Vermögenssicherung, führt kein Weg am physischen Besitz vorbei. Nur Gold im eigenen Zugriff bietet Sicherheit bei Finanzkrisen, Währungsturbulenzen oder Systemausfällen – steuerlich zusätzlich privilegiert.
Physisches Gold vs. Papiergold (ETFs/ETCs) – Vor- und Nachteile in der Übersicht
Physisches Gold: Direktes Eigentum an Münzen/Barren
Papiergold: Anspruch auf Gold bzw. dessen Preisentwicklung
Physisches Gold: Kauf/Verkauf über Händler, online handelbar, Lieferzeit/Gutschrift zeitlich verzögert.
Papiergold: Börsentäglich handelbar, Kauf/Verkauf per Depot/App
Physisches Gold: Aufgeld oft < 4 %, Spread ca. 5 %, Lagerung/Versicherung nötig
Papiergold: Laufende Gebühren (0,2–0,4 % p.a.), enge Spreads, Depot-/Orderkosten
Physisches Gold: Vor Ort verfügbar (Tresor, Schließfach); online veräußerbar
Papiergold: Sehr liquide, schnelle Teil- und Vollverkäufe möglich
Physisches Gold: Kein Gegenparteirisiko; Diebstahlrisiko beim Anleger
Papiergold: Abhängig von Emittent, Verwahrer und Systemstabilität
Physisches Gold: Auch ohne Strom/Internet nutzbar
Papiergold: Nur nutzbar, solange Finanzsystem und Technik funktionieren
Physisches Gold: Möglich bei Händlern, Aufbau realer Bestände
Papiergold: Weit verbreitet über Banken/Broker, schon ab kleinen Raten
Physisches Gold: Gewinne nach 1 Jahr steuerfrei (§ 23 EStG); innerhalb 1 Jahr steuerpflichtig (Freigrenze beachten)
Papiergold: GrundsätzlichKapitalertragssteuer (27,5% in Österreich) bzw. Abgeltungsteuer (25 % + Zuschläge in Deutschland). Ausnahme: In Deutschland für physisch gedeckte ETCs mit Auslieferungsanspruch (z. B. Xetra-Gold, Euwax Gold II) → nach 1 Jahr steuerfrei (wie physisch). In Österreich nur KESt-frei, wenn der Auslieferungsanspruch tatsächlich war genommen wird.
Physisches Gold: Direkt verfügbar
Papiergold: Bei bestimmten ETCs möglich, meist an Mindestmengen und Gebühren gebunden
Physisches Gold: Krisenschutz, langfristige Vermögenssicherung, Unabhängigkeit
Papiergold: Partizipation am Goldpreis, Diversifikation, taktische Spekulation
Physisches Gold: Sicherheitsorientierte Anleger, Krisen-Absicherung („Plan B“)
Papiergold: Kosten- und Handelsfokus, schnelle Liquidität, Marktpositionierung
Fazit: Kein Entweder-oder
Papiergold und physisches Gold sind keine Gegensätze, sondern Ergänzungen. Wer ein ausgewogenes Portfolio anstrebt, kann beide Ansätze kombinieren: Papiergold für die flexible Handhabung und die kurzfristige Spekulation, physisches Gold für den langfristigen Krisenschutz und den Werterhalt.
Die steuerliche Komponente verstärkt diesen Befund: Physisches Gold ist nach einem Jahr steuerfrei – und manche physisch gedeckten ETCs ebenfalls. Für Anleger bedeutet das: Die Wahl hängt weniger von Kostenfragen ab, sondern vor allem von der eigenen Intention. Wer weiß, ob er Diversifikation sucht oder Sicherheit, findet die richtige Balance zwischen digitalem Goldschein und glänzendem Edelmetall im Tresor.